Timelapse

Viele Hersteller werben bei der Vorstellung einer neuen Kamera mit einer Timelapse-Funktion, die in die Kamera integriert ist. Was es damit auf sich hat, wofür du diese nutzen kannst und was du dazu brauchst, erklären wir hier.

Es geht diesmal um eine Begriffserklärung und Tipps, was du für eine erfolgreiche Aufnahme benötigst. Wie die Aufnahme im Detail erstellt wird, hängt vom Motiv und den Lichtverhältnissen ab. Dies würde den Umfang des Beitrags sprengen. Auch auf die Bearbeitung für Fortgeschrittene wird nur kurz eingegangen.

Diesen Beitrag teilen:

Was ist Timelapse?

Timelapse ist der englische Begriff für Zeitraffer. Dabei werden länger dauernde Abläufe oder Naturereignisse fotografisch festgehalten und können als verkürzte Videos wiedergegeben werden. Ein Video besteht grundlegend aus einzelnen Bildern, die so schnell hintereinander abgespielt werden, dass sie für das menschliche Auge als natürliche Bewegung wahrgenommen werden. Für ein ruckelfreies Video werden 24 bis 30 Bilder pro Sekunde benötigt. Genauso nimmt eine Videokamera auch auf und wird in derselben Geschwindigkeit abgespielt.

Bei Zeitrafferaufnahmen geht es nun aber darum, einen langen Zeitraum verkürzt aufzunehmen und als Video wiederzugeben. Die wiedergegebene Szene wird also in einer beispielsweise 10-fachen oder hundertfachen Geschwindigkeit abgespielt. Bestimmt kennst du Videos mit sehr schnell bewegten Wolken, aufgehenden Blüten oder von einem Haus, dessen monatelange Bauzeit in wenigen Sekunden dargestellt wird.

Zur Aufnahme wird die Intervall-Funktion der Kamera oder eines Fernauslösers genutzt, die in regelmässigen Abständen Fotos aufnimmt. Diese Einzelbilder werden je nach Hersteller direkt in der Kamera zusammengefügt oder einzeln gespeichert und später am Computer zusammengefügt.

Wieso nicht gleich filmen?

Theoretisch könnte ein Video einfach per Software schneller abgespielt werden, um den Zeitraffereffekt zu erzielen. Da bei der Aufnahme aber 25 Bilder pro Sekunde gespeichert werden, die im finalen Video nicht benötigt werden, wird unnötig Speicherplatz verbraucht. Für eine Szene, die zwei Stunden dauert, aber am Schluss nur 15 Sekunden lang sein soll sind im Fotomodus nur 375 Bilder nötig. Im Videomodus würden 180'000 Bilder erzeugt.

Die Kamera wäre über Stunden mit Aufnahmen belastet und der Strom- und Speicherverbrauch immens. Mit der Fotofunktion können zudem höher aufgelöste Videos erstellt werden. Selbst mit einer älteren Kamera ab 10 Megapixel können 4K UltraHD Zeitraffervideos (ca. 4-fache FullHD Auflösung) erstellt werden. Die neue Nikon D850 ermöglicht sogar 8K Videos, was einer 16-fachen Auflösung eines normalen FullHD Videos entspricht.

Was braucht es für Timelapse Aufnahmen?

  • Kamera mit manueller Belichtungseinstellung
    Da während der Aufnahme die Belichtung gleich bleiben soll, muss diese vorher manuell festgelegt werden. Bei automatischer Belichtung können von Bild zu Bild kleine Abweichungen entstehen und auf dem Endprodukt wird ein Flackern zu erkennen sein.
  • Intervallauslöser
    Die Aufnahmen passieren in regelmässigen Abständen. Theoretisch kannst du nebenan stehen und auf den Auslöser drücken. Eine automatische Intervallfunktion gibt es in manchen Kameras (Nikon, Sony etc.) serienmässig eingebaut. Wer die Funktion nicht hat, kauft sich einen programmierbaren Auslöser. Dieser ist von den meisten Herstellern oder von Drittanbietern erhältlich.
  • Stativ
    Da im fertigen Timelapsevideo viele Einzelbilder kurz nacheinander gezeigt werden, muss die Kamera perfekt ausgerichtet sein und bleiben. Ein Stativ, das das Gewicht der Kameraausrüstung trägt und allfälligem Wind standhält, ist dazu wichtig.
  • Grosse Speicherkarte
    Obwohl wir gegenüber einer Videoaufnahme viel weniger Bilder erstellen, kann eine Timelapse Aufnahme auch mal mehrere Tausend Bilder benötigen. Wähle eine ausreichend grosse Speicherkarte und lösche alle Daten vor dem Start durch Formatieren des Speichers.
  • Voller Akku
    Da während einer Aufnahmesequenz viele Bilder über lange Zeit aufgenommen werden ist eine zuverlässige Stromquelle wichtig. Nutze immer einen voll geladenen Akku und halte einen Ersatz bereit. Vor allem in der kalten Jahreszeit ist die Leistung schneller erschöpft.
  • Nachbearbeitung
    Um aus den Einzelbildern ein Video zu erzeugen, benötigst du ein entsprechendes Computerprogramm. Diese gibt's als kostenlose oder professionelle Varianten.

Kameraeinstellung

Für die meisten Szenen darf die Belichtung der einzelnen Aufnahmen nicht voneinander abweichen. Eine Ausnahme bildet dabei beispielsweise ein Sonnenuntergang, bei dem es laufend dunkler wird. Auf diese fortgeschrittene Version möchten wir aber hier noch nicht eingehen.

  • Belichtungssteuerung auf M
    Wähle im manuellen Modus Blende und Verschlusszeit
  • Manuelle ISO-Einstellung
    Da die Kameraautomatik im ISO-Automodus reinpfuschen könnte, wird die Empfindlichkeit auf einen festen Wert eingestellt
  • Manueller Weissabgleich
    Die Farbwiedergabe darf sich nicht ändern. Wähle deshalb bei WB (Whitebalance) eine passende Lichtquelle aus, z.B. Tageslicht oder bewölkt für Aussenaufnahmen

Intervall in der Kamera

Als Beispiel für eine integrierte Intervallfunktion möchten wir die Nikon Spiegelreflexkameras aufführen. Im Kameramenü findest du die dazu passende Funktion "Intervallaufnahmen".

Je nach Kameramodell lassen sich der zeitliche Abstand der einzelnen Aufnahmen und die Anzahl der gewünschten Bilder programmieren. Neuere Modelle verfügen über mehr Funktionen wie eine vorwählbare Startzeit für unbemannte Aufnahmen. Lass deine Kamera aber besser nicht unbeaufsichtigt.

Externer Intervall-Auslöser

Die meisten Hersteller bieten im Sortiment einen Kabelauslöser mit programmierbaren Intervallabständen an. Neben den für deine Kamera optimierten Originalmodellen sind auch universelle, wie der Timer-Auslöser von Hama, erhältlich. Da die Stecker von Kamera zu Kamera variieren, sind passende Anschlusskabel zu praktisch jedem Kamerasystem erhältlich.

Genau wie bei der kamerainternen Lösung lassen sich Aufnahmeabstände und Anzahl Bilder vorprogrammieren. Ein Druck auf den Auslöseknopf reicht und die Sequenz startet.

Als Alternative sind auch Mobile Apps erhältlich. Für lange Aufnahmezeiten sind diese aufgrund der begrenzten Akkulaufzeit nur bedingt geeignet.

Intervalle und Anzahl Bilder

Die Abstände oder Intervalle der einzelnen Aufnahmen sind sehr variabel und abhänging vom Motiv, das du aufnimmst. Zeitrafferaufnahmen leben ja davon, einen längeren Zeitraum verkürzt aufzunehmen. Da das Endprodukt ein Videofilm sein soll, der mit rund 25 Bilder/Sekunde abgespielt wird, lässt sich alles berechnen.

Ist die Länge des fertigen Videos vorgegeben, ist es einfach zu rechnen, wie die Aufnahme programmiert werden muss. Ein 10 Sekunden Video mit 24 Bildern pro Sekunde besteht aus 240 Einzelbildern. Ist der Zeitraum eines Ablaufes, der dokumentiert werden soll, 4 Minuten (240s) muss pro Sekunde ein Bild aufgenommen werden. Mit 2 Sekunden Abstand würde der Film nur 5 Sekunden lang.

Bei langsamen Bewegungen wird ein längeres Intervall gewählt. Bei schnellen ein kurzes. Für eine bestimmte Filmlänge muss entsprechend lange fotografiert werden, um genügend Einzelbilder zu erhalten. Alternativ kann das Intervall verkürzt werden.

Motive

Für sinnvolle Zeitrafferaufnahmen solltest du auf jeden Fall Szenen wählen, in denen Bewegungen oder Abläufe zu sehen sind. Wähle Motive und Standorte aus, die spannend und lohnenswert sind, da der zeitliche Aufwand recht gross sein kann. Kamera aufstellen, 1/60s belichten und wieder abreisen geht bei Timelapse nicht. Hier eine Auswahl von interessanten Motiven:

  • Verkehr, Autobahn etc.
    Wähle etwas längere Belichtungszeiten, um einen Wischeffekte in die bewegten Autos zu bekommen.
    Kurze Aufnahmeabstände z.B. 1 Bild/Sekunde.
  • Pflanzenwachstum
    Für eine gleichbleibende Beleuchtung ist eine Innenaufnahme von Vorteil. Lange Abstände zwischen den Aufnahmen. Belichtungszeit nicht relevant.
  • Landschaften mit bewegten Wolken
    Windstille Tage sind mässig geeignet. Bei schnell bewegten Wolken sind die Abstände der Aufnahmen kürzer als bei wenig Wind. Allzu stürmisch sollte es besser nicht sein, da sich auch die im Vordergrund stehenden Pflanzen mitbewegen.
  • Architektur
    Baust du dir ein neues Haus oder Firmengebäude? Dies dauert über Monate und ist eine Herausforderung für die Ausrüstung. Kleine kompakte Actioncams oder Netzwerkkameras sind wetterfest und können für solche Einsätze verwendet werden.
  • Nachthimmel, Milchstrasse
    Für Nachtaufnahmen sind lange Belichtungszeiten und hohe Empfindlichkeiten notwendig. Die Erdrotation hat zur Folge, dass der Sternenhimmel im Laufe der Nacht über uns wegzieht und die verkürzte Wiedergabe dieses Schauspiels ist mit Zeitrafffer ein beliebtes Motiv.

Nachbearbeitung

Für die Bearbeitung der Bilder wird meist ein Videoschnitt-Programm verwendet. Wer dies nicht besitzt, findet einfache Lösungen als Gratisversionen zum Download. Microsoft hat beispielsweise den Movie Maker für Windows. Ein simples Programm wie "Image to Video" tut den Job für die ersten Schritte.

Wer es aufwendiger mag und Bilder vorher bearbeiten muss, wählt am besten Lightroom. Eine Ausgabe als Video ist im Präsentationsmodus "Diashow" möglich. Einfache bis professionelle Zusatzprogramme (Plug-ins oder Export- Voreinstellungen) sind dazu aber notwenig. Eine der perfektesten Lösungen für Anspruchsvolle ist dabei LRTimelapse des deutschen Softwareentwicklers und Fotografen Gunther Wegner.

Auch Photoshop CS und CC beherrschen die Videobearbeitung in einem begrenzten Rahmen.

Timelapse für Fortgeschrittene

Neben Zeitrafferaufnahmen mit fest stehender statischer Kamera lässt sich das spannende Thema noch beliebig ausbauen.

Kamerafahrten mit Slider

Wird die Kamera während den Einzelaufnahmen langsam bewegt, entstehen spannende Kamerafahrten. Für eine perfekte Ausführung sind dazu schwenkbare Arme und Gleitstative (Slider) notwendig.

Tag-Nacht Übergänge

Wird über einen längeren Zeitraum fotografiert, ist der Übergang vom Tag zur Nacht eine besondere Herausforderung. Da die Belichtung angepasst werden muss, wird in der Zeitautomatik im RAW- Dateiformat fotografiert. Für die Nachbearbeitung ist ein professionelles Programm wie LRTimelapse + Lightroom sinnvoll, da die Übergänge der einzelnen Belichtungen fein abgestuft werden müssen. Eine manuelle Bearbeitung wäre zwar machbar aber sehr aufwendig. Kenner nennen die Technik den "Heiligen Gral".

Hyperlapse

Noch eine weitere Stufe von Timpelapse sind Hyperlapse, bei denen nicht nur die Kamera sich leicht bewegt, sondern das ganze Stativ einen Standortwechsel mitmacht. Autofahrten oder zu Fuss sind eine weitere Spielerei. Mit dem Suchbegriff Hyperlapse findest du auf YouTube bestimmt spannende Beispiele.

Intervallaufnahmen mit Actioncams

Wer eine Actioncam wie die GoPro Hero oder Modelle von Sony besitzt, findet auch dort eine Intervall-Funktion. Da keine manuelle Belichtung möglich ist, sind die Einsätze nur begrenzt. Die Ergebnisse können bei gleichmässiger Beleuchtung aber dennoch sehr gut ausfallen. Um etwas Bewegung in die Aufnahme zu bekommen, gibt es neben vielen professionellen Lösungen auch kleine motorisierte Panoramaköpfe wie z.B. den Cullmann SmartPano 360. Per Bluetooth lässt er sich programmieren und ermöglicht so 360 Grad Aufnahmen.

Dirty Trick per Eieruhr

Wer keine Fernsteuerung per Handy braucht und auf eine solide Stativmontage verzichten möchte, findet in der Haushaltabteilung einen kleinen Helfer. Eine mechanische Eieruhr, bei der sich das obere Teil mitdreht, kann als Unterlage für die Kamera dienen. Mit einem beidseitig klebenden Montageband kann die Kamera etwas gesichert werden.

Je nach Modell lassen sich Zeiten bis 60 Minuten und Drehungen bis 360° erzeugen. Aus Erfahrung sollte die Aufnahme aber besser vor Ende der "Garzeit" aufhören, da die eingebaute Klingel die Kamera erschüttert und die Bilder verwackelt werden.

Timelapse von Andreas Köng

Das wäre ein Workshop für dich

Diesen Beitrag teilen: