HDR - Bilder leicht gemacht

Gerade bei Situationen mit sehr hohen Kontrasten ist es schwierig, mit einer Digitalkamera die Fülle von Helligkeitswerten einzufangen. Das menschliche Auge kann aufgrund der biologischen Konstruktion und unserem Gehirn als leistungsstärkster "Bildprozessor" auch mit grossen Helligkeitsunterschieden vom dunkelsten bis zum hellsten Bereich eines Motives umgehen.

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HDR Bilder aufnehmen in fünf Schritten

HDR Bilder lassen sich mit passender Ausrüstung recht einfach erstellen. Mit unserer Schritt-für-Schritt-Anleitung gelingen erste Ergebnisse schnell. Wer Gefallen an der Technik findet, kann später natürlich noch viel mehr aus seinen Bildern herausholen.

Für den Einstieg gehts hier um folgende Themen:

  1. Richtiges Motiv wählen
  2. Kamera vorbereiten
  3. Aufnahme erstellen
  4. Bilder zusammenfügen in Lightroom
  5. Dynamikumfang optimieren
  • Gewusst? Bei vielen Kameras ist eine HDR-Funktion bereits eingebaut, die recht gute Ergebnisse erzeugt. Mit manueller Steuerung lässt sich aber in den meisten Fällen mehr herausholen. Der Aufwand wird sich lohnen.

Richtiges Motiv wählen

Für HDR Aufnahmen eignen sich Motive mit grossem Kontrast. Bei einer gleichmässig ausgeleuchteten Szene ist selten eine Verbesserung zu erreichen und der Aufwand lohnt sich deshalb nicht. Zudem gibt es Motive, die sich generell nicht eignen: Da mehrere identische Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtung erstellt werden müssen, darf sich nichts im Bild bewegen. Personen, Tiere, Verkehrsteilnehmer und viele bewegliche Objekte stehen selten ausreichend lange an einem Ort.

Geeignete Motive:

  • Architekturaufnahmen
  • Innenaufnahmen, Lost Places
  • Technische Objekte
  • Landschaftsaufnahmen

Weniger geeignete Motive:

  • Personen und Tiere
  • Bewegte Motive generell
  • Architektur mit kurzzeitig wechselnder Beleuchtung

Bei manchen Motiven lässt sich die Belichtung nicht kontrollieren. Allerdings kannst du wahrscheinlich den Aufnahmezeitpunkt selber wählen. Je nach Tageszeit und Wetter sieht unser Testmotiv, der Potsdamer Platz in Berlin, ganz unterschiedlich aus.

In der abendlichen Blauen Stunde, nach Untergang der Sonne, wenn der Himmel noch beleuchtet ist, hat sich im Frühling nach 21 Uhr das idealste Licht ergeben.

Kamera vorbereiten

Vier wichtige Einstellungen gilt es zu beachten, um perfekte Vorlagen für die spätere Nachbearbeitung zu erzeugen:


Kamera nicht bewegen

Die Bilder sollen absolut identisch sein und die Kamera soll immer pixelgenau ausgerichtet sein. Moderne Programme können zwar einzelne Bilder später noch auskorrigieren, die Ergebnisse sind aber besser, wenn alle Bilder genau gleich sind. Freihandaufnahmen sind also nicht zu empfehlen. Ein robustes Stativ muss her.

Mit einem Fernauslöser oder einer Mobile-App lässt sich die Kamera erschütterungsfrei auslösen.


Blende nicht verändern
Es werden mehrere Bilder hintereinander mit unterschiedlicher Belichtung aufgenommen. Da die Schärfentiefe sich beim Öffnen und Schliessen der Blende verändert, darf diese nicht verstellt werden. Arbeite deshalb mit voreingestellter fester Blende und der Zeitautomatik oder mit manueller Belichtungseinstellung.


ISO Empfindlichkeit und Weissabgleich fixieren
Um alle Aufnahmen möglichst ähnlich zu erhalten, sollte die Empfindlichkeitseinstellung manuell gewählt werden. Schalte dazu die ISO-Automatik ab. Auch der Weissabgleich für Farbkorrekturen sollte sich bei JPG Aufnahmen nicht ändern. Bei RAW-Bildern ist die Einstellung theoretisch nicht relevant.


Entfernung fixieren
Der Autofokus könnte zwischen den einzelnen Aufnahmen verstellt werden. Deaktiviere diesen deshalb und stelle die Entfernung manuell ein.

Belichtungskorrektur oder Bracketing

Um Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtung zu erhalten, wird eine Aufnahme mit Standardbelichtung und eine zusätzliche mit manueller Korrektur erstellt.

Manuell: Die Belichtung kann zum einen mit manueller Einstellung M und Korrektur der Belichtungszeit eingestellt werden oder in der Zeitautomatik mit voreingestellter Belichtungskorrektur.

Belichtungskorrektur: Um die Belichtung in der Zeitautomatik mit Blendenvorwahl vorzunehmen, findest du an praktisch jeder System- oder Spiegelreflexkamera eine +/- Korrektureinstellung. Diese kann direkt als Einstellrad oder als Taste mit entsprechender Beschriftung +/- vorhanden sein. Stell sicher, dass bei der ersten Aufnahme die Position 0 vorgewählt ist und keine Korrektur eingegeben ist.

Bracketing: Manche Kameras bieten auch eine automatische Belichtungsreihe. Diese wird oft mit dem englischen Begriff Bracketing im Menu zu finden sein. Manche Hersteller nennen die Funktion auch AEB für Auto-Exposure-Bracketing. In der Automatik werden vorab die Anzahl der gewünschten Bilder und die Abstände der unterschiedlichen Aufnahmen festgelegt. Z.B. 3 Aufnahmen mit +/- 2 Belichtungsstufen oder 5 Aufnahmen mit +/-1 Belichtungsstufe.

Die automatische Belichtungsreihe hat den Vorteil, dass die Kamera nicht berührt werden muss, um verschiedene Belichtungen zu erstellen und so jegliche Verstellung der Kameraposition vermieden wird.

Aufnahme erstellen

  • Richte deine Kamera optimal aus und fixiere alle Einstellgriffe am Stativ
  • Verwende wann immer möglich einen Fernauslöser. Diese sind je nach Kamera per Kabel, Infrarot oder Funk mit der Kamera verbunden. Kameras mit Fernauslösung per Smartphone können natürlich auch per WiFi-Steuerung betrieben werden
  • Stelle die Kamera in den Modus M oder Zeitautomatik A, um die Blende vorzuwählen und erstelle eine erste Testaufnahme, um die perfekte Belichtung zu ermitteln
  • Schalte den Autofokus ab und stelle die Entfernung (Fokus) manuell ein
  • Deaktiviere wie bei allen Stativaufnahmen den Bildstabilisator
  • Löse immer mit dem Fernauslöser aus. Falls du keinen hast, kann auch der Selbstauslöser verwendet werden. Er sollte mit mindestens 2 Sekunden Verzögerung eingestellt sein
  • Falls deine Kamera die Funktion bietet, wähle bei Langzeitaufnahmen auf jedenfall die Spiegelvorauslösung (nur Spiegelreflexkameras) oder den elektronischen Verschluss (bei Systemkameras), um Erschütterungen zu vermeiden
  • Löse die erste Aufnahme mit der vorher ermittelten Belichtung aus

Für die Belichtungsreihe werden jetzt mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Helligkeiten erstellt. Wie gross der Abstand der einzelnen Aufnahmen ist und wie viele Bilder nötig sind, ist abhängig vom Kontrastumfang deines Motivs. In dem Beispiel sind drei Aufnahmen mit +/- 2 Belichtungsstufen verwendet worden.

  • Die zweite Aufnahme wird unterbelichtet, damit die hell beleuchteten Bildbereiche detailreicher werden. Mit der Belichtungskorrektur auf -2 wird die Aufnahme deutlich dunkler.
    Alternativ wählst du manuell die halb so lange Belichtungszeit wie bei der normal belichteten Aufnahme. Wähle z.B. statt 1 Sekunde also 1/4 (oder 1/2 Sekunde bei -1 Korrektur)
  • Die dritte Aufnahme wird nun überbelichtet, um die dunklen Bildbereiche zu optimieren.
    Stelle die Belichtungskorrektur auf +1 oder wie bei uns auf +2.
    Bei manueller Belichtung wähle die doppelte oder vierfache Belichtungszeit, also 2 respektive 4 Sekunden, wenn die allererste Aufnahme 1 Sekunde war.

    Falls du die automatische Belichtungsreihe (AEB) nutzt, hast du bereits die Anzahl Bilder und die Abstände voreingestellt und brauchst nur dreimal auszulösen. Je nach Kamera steht auch ein Serienbildmodus zur Auswahl, damit du nur einmal lange genug auslösen musst, bis alle drei hintereinander belichtet wurden

    Das Ergebnis sind nun drei Aufnahmen (oder auf Wunsch 5 oder mehr) mit unterschiedlicher Belichtung und die Arbeit an der Kamera ist getan.

Wenn du sowieso vor Ort bist, versuche dein Glück ein paar Minuten später nochmals. Das Licht könnte dir vielleicht dann noch besser gefallen und wenn nicht, sind die Bilder schnell gelöscht.

Nachbearbeitung in Lightroom

Manche Kameras bieten eine automatische HDR-Erstellung. In unserem Beispiel wollen wir die Bilder aber bewusst selber zusammenfügen. Dazu ist ein Bildbearbeitungsprogramm notwendig. Das Beispiel erstellten wir in Lightroom 6. Frühere Versionen unterstützen die Funktion aber noch nicht.

Bei Adode Photoshop Elements ist die Funktion Photomerge/Belichtung auch bei älteren Versionen zu finden. Spezielle HDR-Programme wie Photomatix sind für Fortgeschrittene aber sicher auch interessant.

  • Starte also Lightroom 6 oder CC und importiere deine Bildserie
  • Wähle alle Bilder deiner Belichtungsreihe aus
  • Über den Menupunkt FOTOS > Zusammenfügen von Fotos > HDR erreichst du die HDR-Funktion

Das Einstellfenster für HDR öffnet sich und zeigt eine Vorschau.

  • Automatisch ausrichten ist empfehlenswert und ein MUSS bei Freihandaufnahmen
  • Automatischer Tonwert kann vorgewählt und später jederzeit verändert werden
  • Geistereffektbeseitigung versucht, Doppelkonturen von bewegten Motiven zu vermeiden. Bei statischen Motiven ist die Einstellung nicht nötig

Die Auswahl ist getroffen und die Bilder können zusammengefügt werden. Lightroom erstellt eine neue Datei mit allen Bildinformationen der drei einzelnen Aufnahmen.

HDR-Bild bearbeiten

Das zusammengefügte HDR Bild wird nun als DNG Datei gespeichert, im Dateinamen mit -HDR ergänzt und kann beliebig bearbeitet werden.

Da bei einer normalen Belichtung vor allem die hellen und dunklen Bildpartien nicht so detailreich wiedergegeben werden, wie man sie sich wünscht, wähle neben der Belichtung vor allem die Regler für Lichter und Tiefen.

Ist dir dabei das Bild zu flau, kannst du die Kontraste mit den Reglern für Weiss und Schwarz noch optimieren.

Die Regler Klarheit und Dynamik sollten mit Bedacht eingesetzt werden. Da Lightroom aber eine verlustfreie Bearbeitung ermöglicht, sind Veränderungen jederzeit machbar.

Nach der fertigen Bearbeitung lassen sich wesentlich mehr Details in den Lichtern und Schatten-Partien erkennen. Unten findest du einen Bildausschnitt, der die Unterschiede gegenüber der Aufnahme mit Standardbelichtung ohne Belichtungskorrektur zeigt.

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